Juan und Mahmut

Ein schöner und ausführlicher Bericht erreicht uns von Julia: "Am Sonntag waren Juan und Mahmut bei uns in Ehrenfeld zu Gast. Wir waren fünf Gastgeber und freuten uns auf die beiden Brüder: Sie kommen aus Syrien und sind zwischen Anfang zwanzig und dreißig. Mehr wissen wir erst einmal nicht.
Als sie reinkommen, begrüßen sie uns mit „Hallo Nachbarn!“ – ihr Wohnheim ist direkt um die Ecke und schnell wird klar, sie sind witzig und charmant und haben in der kurzen Zeit schon erstaunlich gut Deutsch gelernt. Wir klären schnell, wo wer her kommt, wo in Deutschland Hamburg und Freiburg liegen und wo der Schwarzwald ist. Und dank Smartphone und Google Maps wissen wir auch, dass sie aus Hasakah sind, einer Großstadt mit ca. einer Million Einwohnern – so wie Köln.
Sie erzählen uns, was sie zuhause gemacht haben – Juan hat in Syrien Englisch unterrichtet, daher gibt es keine Verständigungsprobleme. Aber wir werden immer wieder ermahnt, bitte Deutsch zu sprechen, damit sie schneller lernen. Mahmut hat arabische Literatur studiert, träumt aber von einem Musikstudium. Daran ist in Syrien nicht zu denken, wegen des Krieges. Wir erfahren viel von den Jungs über die Verhältnisse in Ihrem Land, warum dort gekämpft wird und dass man in Kriegszeiten zusammenrückt und sich hilft.
Ganz selbstverständlich also, dass auch sie geholfen haben, indem sie Englisch unterrichtet und mit Kindern Musik gemacht haben. Nur mit der Waffe wollen sie ihrem Land nicht dienen, sagt uns Juan und zeigt ein Foto, auf dem sein Neffe eine Panzergranatenhülse hält, fast so groß wie er selbst. Die liegen dort in den Straßen, sagt er. Es ist so viel zerstört. Das sieht ungefähr so aus, wie auf den Bildern, die außen an der großen Kathedrale hängen. Den Dom meint er, der hat sie sofort fasziniert, als sie hier ankamen.
Wir erfahren noch so einiges über die Fluchtrouten, Schleuser und die Rückschläge, aber auch über den Willen, den Weg bis Deutschland zu schaffen. Dort sei man gut behandelt und fühle sich willkommen. Wir nicken betreten.
Mahmut spürt die Betroffenheit und holt mit einem Grinsen sein mitgebrachtes Instrument hervor, eine Saz (ähnlich wie eine Gitarre, nur anders). Er spielt ein paar Lieder für uns, Juan stimmt ein und trommelt auf dem Tisch. Er erklärt uns, wovon die Lieder handeln und ob das nun gerade kurdisch oder arabisch ist. Und dann spielt er auf einmal ein langes Intro und fängt an auf klarem Deutsch zu singen „… Hier bin ich geboren und laufe durch die Straßen, kenn die Gesichter, jedes Haus und jeden Laden …“, und wir sind beeindruckt von der Interpretation. Es ist Peter Fox und das Haus am See, wie wir dann erkennen - mit einem orientalischen Touch. Richtig gut gesungen – was uns fast noch mehr fasziniert ist die Art und Weise, wie er es gelernt hat: Eine App, die simultan den Text wie bei Karaoke gleichzeitig in Deutsch und Arabisch anzeigt. Großartig! Er lädt uns ein zum Konzert, bei dem er mitspielen wird. (Verein Musik-Brücke e.V., 18.12.2015, Gymnasiums Kreuzgasse, Beginn ab 20 Uhr)
Juan und Mahmut erzählen uns auch, dass sie kürzlich auf einem Konzert waren. Da sich beide möglichst gut einfügen möchten, fragen sie sich, wie die Deutschen wohl tanzen und ob sie beide das auch können. Einfach abgucken und nachmachen, so der Plan. Und tatsächlich war es erstaunlich simpel – einfach hüpfen und Spaß haben. Es bringt uns zum Schmunzeln, wie aufmerksam die beiden sind und wie wir Deutschen wahrgenommen werden.
Die gut vier Stunden mit Dinner, Erzählen, Singen und viel Lachen vergingen ruck zuck. Und da wir in Kontakt bleiben möchten, haben wir die beiden zu unserer Geburtstagsparty in ein paar Wochen eingeladen. Bis dahin können beide sicherlich nochmal besser Deutsch und vielleicht noch ein neues Lied auf der Saz.
Ein toller Abend! Tatsächlich, wie schon oft von anderen berichtet, wie unter Freunden und kein bisschen awkward.
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!"

Juan und Mahmut